Kurze Meßbetrachtung 


14. Teil

13. Präfation
 

In Abweichung zum übrigen Text der Sekret, der ja leise verrichtet wird, trägt der Priester die Schlussworte dieses Opfergebetes („Von Ewigkeit zu Ewigkeit. - Amen.“) mit lauter Stimme vor und geht damit zur Präfation über. Wie es dieser Terminus schon selbst sagt (prae-facere), stellt dieser Teil der Heiligen Messe eine feierliche Vorrede, Vorhandlung zum Opfergebet des Kanons dar. Darauf weist sowohl die gehobene Stimmung, in welcher die Präfation vorzutragen ist, als auch die normalerweise reichere Melodie bei der Vertonung ihres Textes hin. Ebenfalls wird diese Stimmung versinnbildet durch das Ausbreiten der Hände des Priesters beim „Sursum corda“ und während der ganzen Präfation.


In früheren Zeiten hielt man die Präfation teilweise für einen Teil des Kanons, beide bildeten ein einheitliches Ganzes. Da aber auf der einen Seite der Kanon als solcher unbedingt unveränderlich bleiben sollte (darüber später), und auf der anderen Seite mit der Zeit verschiedene Präfationen Einzug in die Liturgie feierten, kristallisierte sich die Präfation als eigener und selbstständiger, nicht zum Kanon dazugehörender Bestandteil der Liturgie heraus.


Insgesamt kennt der Römische Messritus heute 15 verschiedene Präfationen. Aus dem christlichen Altertum sind 10 Präfationen überkommen. Die Präfation von der allerseligsten Jungfrau Maria wurde Ende des 11. Jahrhundert, die für Requiemsmessen und die zu Ehren des hl. Josef 1919, die für das Christkönigsfest 1925 und die für Herz-Jesu-Messen 1928 eingeführt.

Eingeleitet wird dieser feierliche Lobes und Dankeshymnus, welchen Charakter die Präfation fast ausschließlich besitzt, mit einem „Dominus vobiscum - der Herr sei mit euch“ des Zelebranten. Dieser fromme Gebetsgruß bzw. -wunsch wird von den Altardienern bzw. von den Gläubigen mit der Antwort „Et cum spiritu tuo - Und mit deinem Geiste“ erwidert. Zum wiederholten Mal macht man die beseligende Gegenwart Gottes zum Inhalt des gegenseitigen Grußes.


Nachdem einander Gottes Gegenwart und Segen gewünscht wurde, mahnt der Priester die Gemeinde zur inneren Sammlung und Andacht, ohne welche keine fruchtbringende Mitfeier der heiligen Geheimnisse möglich ist: „Sursum corda - Erhebet die Herzen“! Die Ausbreitung seiner Hände weist symbolisch auf die Hinwendung der Herzen zum Herrn hin. Auch kann in dieser Geste die Öffnung des eigenen Herzens vor dem Herrgott erblickt werden. Die Bereitwilligkeit, mit welcher sich das gläubige Volk auf Gott ausrichtet, findet seinen Ausdruck in der Antwort der Gemeinde: „Habemus ad Dominum - Wir haben sie beim Herrn“.


Dazu führt der hl. Cyrill von Jerusalem (Cat. Mystag. 5,4-5) aus: „Denn wahrhaft muss man in jener hehrsten Stunde das Herz aufwärts zu Gott gerichtet haben und nicht abwärts zur Erde und zu den irdischen Geschäften. Mit allem Nachdruck befiehlt der Opferpriester, in jener Stunde alle Sorgen dieses Lebens, alle häuslichen Bekümmernisse fahren zu lassen und das Herz auf den menschenfreundlichen Gott im Himmel gerichtet zu haben. ... Keiner also möge in der Art anwesend sein, dass er zwar mit dem Mund sagt: Wir haben sie zum Herrn erhoben, in seinem Innern aber seine Gedanken bei den Sorgen dieses Lebens habe. An Gott muss man zwar alle Zeit denken; wenn dies aber wegen der menschlichen Schwäche unmöglich ist, so muss man es sich ganz besonders in jener hehren Stunde angelegen sein lassen!“ Wahrhaft eindringliche und bedenkenswerte Worte eines Heiligen!


Eingedenk der Tatsache, dass jeder von uns mehr als genug Grund hat, dem Herrgott für Seine zahlreichen Wohltaten und Hilfen zu danken, lässt die katholische Kirche den Priester noch den Gebetsruf anhängen: „Gratias agamus Domino, Deo nostro - Lasset uns danksagen dem Herrn, unserem Gott“. Man möge in sich gehen und in aller Ruhe überlegen, was wir alles dem Herrgott zu verdanken haben. Wie oft und wie viel hilft Er uns denn, wie selbstverständlich nehmen wir bisweilen Seine Hilfe an, ohne sich immer richtig darüber im Klaren zu sein, dass wir keinen Anspruch darauf haben, dass sie niemals aufhört, eine freigeschenkte Gnade und Wohltat Gottes zu sein!
Die Hingabe und Intensität dieser Hinwendung des Dankes kommt in der Erhebung und Schließung der Hände des Priesters zum Ausdruck. Wie die Hände nach oben gerichtet und geschlossen werden, so soll auch unser aufrichtigste Dank vor den gnädigen Gott gelangen!


Und mit der Antwort auf diesen Gebetsruf: „Dignum et iustum est - Das ist würdig und recht“, drücken die Gläubigen sowohl die Rechtmäßigkeit als auch die Notwendigkeit und Heilsamkeit unserer dankenden Antwort auf die verschwenderische Freigiebigkeit Gottes aus! Wer hat es denn mehr verdient, dass ihm gedankt wird als der Herrgott, von Dem „lauter gute Gabe, lauter vollkommenes Geschenk kommt“ (Jak 1,17)? (Zur Messe als „Danksagung“ siehe „Beiträge“/13, S. 24-31.)
c) Um dies einmal mehr zu unterstreichen, fängt jede Präfation mit der Wendung an: „Es ist in Wahrheit würdig und recht, billig und heilsam, Dir immer und überall dankzusagen, heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott...“. (Nur die [zwei] Präfationen an Ostern und an den Festen der Apostel und Evangelisten weichen etwas davon ab.) Man beachte die Erhabenheit der Anreden Gottes und die innere Überzeugung, mit welcher diese vorgetragen werden! Gott wird als ein Herrscher angesprochen, der allerdings nicht willkürlich Seine Herrschaft ausübt, sondern aufgrund Seiner Heiligkeit durch und durch gerecht ist. Er ist zwar allmächtig, aber dabei dennoch ein Vater, der es äußerst gut meint mit Seinen Kindern. Schließlich zeichnet Er sich im Unterschied zu allen Geschöpfen auch durch Seine Ewigkeit, durch Seine majestätische Überzeitlichkeit aus.


Dann folgt im mittleren Teil die Schilderung des betreffenden Geheimnisses, das der Kirche zum Anlass des Dankes und Lobes dient. So ist darin z.B. in der Weihnachtszeit die Rede von der Bedeutung der Menschwerdung und Geburt Gottes in menschlicher Gestalt, in der Fastenzeit wird uns der Sinn und die Segenskraft des Fastens vor die Augen geführt, und in der Präfation von der allerheiligsten Dreifaltigkeit besingt die Kirche das Geheimnis des dreieinigen Gottes. Es lohnt sich, sich in das jeweilige Festgeheimnis zu vertiefen, um die Güte und die Liebe Gottes, die in Seinem Handeln zum Vorschein kommen, erkennen und lobpreisen zu können.
Nur zwei Präfationen unterscheiden sich von diesem sonst üblichen Schema. Die Präfation an Ostern geht sofort in Jubel über den Sieg des Osterlammes über. Und die Präfation an Festen der Apostel und Evangelisten setzt gleich mit einem Bittgebet zu Christus, dem „ewigen Hirten“, um den Gnadenbeistand für die Hirten der Kirche ein.

Den Grundton aller Präfationen bildet aber die überirdische Freude über das Heilswirken Gottes in der menschlichen Geschichte. Gott ist auf Erden erschienen und hat sein Leben für uns hingegeben - wenn das nicht hinreicht, in Jubel über die Güte Gottes auszubrechen! Außerdem soll ja bald der göttliche Erlöser in der Wandlung, umgeben von den Engeln, sozusagen leibhaftig auf dem Altar erscheinen!
Auch die Präfation für die Totenmessen macht hier kaum eine Ausnahme. Denn in ihr wird sehr stark von der Hoffnung auf das ewige Leben und von der Verheißung auf die dann unzerstörbare Gemeinschaft mit Gott gesprochen - hinter der Trauer über einen Todesfall leuchtet das Licht der Auferstehung von den Toten auf!

P. Eugen Rissling

 

 

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