Über die Vakanz des Apostolischen Stuhles

von Bischof Mark A. Pivarunas, CMRI
 

Bischof   Mark A. Pivarunas

 

 

 

 

 

 

 

 

 


(gehalten im Sommer 2002 in Mexiko auf einer Priesterkonferenz, hier auszugsweise wiedergegeben)

Unsere Konferenz über die Vakanz des Apostolischen Stuhles, die sedisvakantistische Position, ist äußerst wichtig; denn sie ist eine theologische Position, die sehr missverstanden und oft falsch dargestellt wird und emotional schwierig ist für viele Gruppen. Aber bevor wir mit diesem Thema fortfahren, ist es wichtig zu betonen, dass es gerade unser Glaube an das Papstum und die päpstliche Unfehlbarkeit ist, die es notwendig machen, dass wir Paul VI. und Johannes Paul II. als legitime Päpste zurückweisen. Viele beschuldigen uns, wir würden das Papstum leugnen. Das ist meilenweit von der Wahrheit entfernt.


In unserer früheren Konferenz haben wir Bezug genommen auf die Hauptirrtümer des religiösen Indifferentismus, falschen Ökumenismus und der Religionsfreiheit, die die Konzilskirche des 2. Vatikanischen Konzils angesteckt haben. Es ist an uns zu zeigen, dass die wahre katholische Kirche - der Papst und die Bischöfe, die in Union mit ihm stehen - keine solche Irrtümer für die universelle Kirche verkünden, und dass kein wahrer Papst eine mangelhafte Liturgie (den Novus Ordo Missae) und ein sakrilegisches Recht (vgl. den Kodex des Kanonischen Rechts von 1983, can. 844, 3+4 - Kommunionempfang für Nichtkatholiken) promulgieren kann. Es ist an uns zu zeigen, dass Menschen, die eine Häresie verbreiten, Häretiker sind und als solche Autorität in der Kirche verlieren.


Obwohl wir viele verschiedene Aspekte unserer Position bezüglich des Papstums beleuchten können, wird es für uns heute doch genügen, unsere Untersuchungen auf einige wenige Voraussetzungen zu beschränken, auf welchen unsere Schlussfolgerung (die Sedisvakanz nämlich) beruht.


Die erste Voraussetzung, die zu bedenken ist, ist die Unfehlbarkeit der katholischen Kirche. Was bedeutet diese Eigenschaft der Kirche? Wie gibt sie uns einen klaren und überzeugenden Beweis gegen Johannes Paul II. und die Konzilskirche?
Das Attribut der Unfehlbarkeit bedeutet die Unfähigkeit und Unmöglichkeit des Lehramtes zu irren, wenn es eine Lehre in Dingen des Glaubens und der Moral für die Gesamtkirche verkündet. Wie das Erste Vatikanische Konzil lehrte: „Darüber hinaus muss mit göttlichem und katholischem Glauben alles geglaubt werden, was im geschriebenen Wort Gottes oder in der Tradition enthalten ist, und was von der Kirche entweder in einem feierlichen Dekret oder durch ihr ordentliches, allgemeines Lehramt als göttlich offenbartes Glaubensgut verkündet wird“.


Unfehlbarkeit besitzen: a) der Papst (er ist unfehlbar, wenn er ex cathedra spricht); der gesamte Episkopat (die Gesamtheit der Bischöfe in Union mit dem Papst ist unfehlbar, wenn sie eine Lehre des Glaubens oder der Moral - entweder auf einem Allgemeinen Konzil oder zerstreut über den ganzen Erdkreis - als von allen Gläubigen festzuhaltende vorstellen.
Viele sind vertraut mit dem Konzept der Unfehlbarkeit bezüglich der Verkündigungen des Papstes „ex cathedra“ und ebenso bezüglich der Ökumenischen Konzilien; aber nicht mit der Unfehlbarkeit des „ordentlichen, allgemeinen Lehramtes der Kirche“.


Was ist dieses ordentliche, allgemeine Lehramt? Eine klare und präzise Antwort darauf lesen wir in „The Fundamentals of Catholic Dogma“ von Dr. Ludwig Ott: „Die Bischöfe üben ihre unfehlbare Lehrgewalt in ordentlicher Weise aus, wenn sie in ihren Diözesen, in moralischer Union mit dem Papst, einstimmig dieselben Lehren bezüglich des Glaubens und der Moral verkünden. Das (1.) Vatikanische Konzil erklärte ausdrücklich, dass auch die

 Offenbarungswahrheiten, die als solche vom ordentlichen und allgemeinen Lehramt der Kirche vorgelegt wurden, mit einem ´göttlichen und katholischen Glauben´ fest angenommen werden müssen (Denzinger 1792). Aber die Inhaber des ordentlichen, allgemeinen Lehramtes der Kirche sind die Glieder des gesamten Episkopates, der über den ganzen Erdkreis verteilt ist. Die Übereinstimmung der Bischöfe in der Lehre kann festgestellt werden an den von ihnen veröffentlichten Katechismen, an ihren Hirtenbriefen, an approbierten Gebetsbüchern und an den Beschlüssen einzelner Synoden. Es genügt dabei eine moralisch-allgemeine Übereinstimmung, in diesem Fall ist es aber wesentlich, dass der Papst als das Oberhaupt des Episkopates dem ausdrücklich oder stillschweigend zustimmt.“


Die Kirche des Vatikanums II., Johannes Paul II. (mit seinen Vorgängern Johannes XIII., Paul VI. und Johannes Paul I.) und die Bischöfe des Vatikanums II., haben durch ihr „ordentliches, allgemeines Lehramt“ ganz klar die Irrtümer der Religionsfreiheit, des falschen Ökumenismus und religiösen Indifferentismus verbreitet. Dies waren in den letzten 40 Jahren ununterbrochen die Themen der Konzilskirche!


[...] Wie könnte die katholische Kirche in der hl. Messe ohne Unterbrechung das unblutige Opfer von Kalvaria erneuern und es dann plötzlich durch ein Lutherisches „Andenken an das letzte Abendmahl“ ersetzen? Wie könnte die katholische Kirche in ihrer Gesetzgebung so streng gegen die Glaubensvermischung und den gegenseitigen Kommunionempfang (mit den Protestanten - Anm.), und damit gegen die Förderung des religiösen Indifferentismus vorgehen und dann plötzlich diese Gesetze abschaffen und die entsprechenden Handlungen erlauben?


Sollen wir annehmen, dass der Heilige Geist, der Geist der Wahrheit, plötzlich seine Meinung geändert und Widersprüche im Glauben, in der Messe und den allgemeinen Gesetzen der Kirche erlaubt hat? Sollen wir annehmen, dass Christus plötzlich Seine Kirche im Stich gelassen und sie in Irrtum und Häresie hat fallen lassen?
Wie dem auch sei, es ist doch hauptsächlich diese Frage der Unfehlbarkeit, die diejenigen spaltet, die sich selbst traditionalistische Katholiken nennen. Manche derjenigen verwerfen den Irrtum des falschen Ökumenismus und der Religionsfreiheit des 2. Vatikanischen Konzils, das neue protestantische Gedächtnismahl - den Novus Ordo Missae - und die Häresien des neuen Kodex des Kanonischen Rechts (1983) und bestehen dennoch darauf, dass die Autoren eben derselben Irrtümer noch immer Christi Stellvertreter hier auf Erden seien. In Wirklichkeit sagen sie also, das lebendige Lehramt der Kirche habe geirrt und die Mehrzahl der Katholiken in den Irrtum geführt, und dass es fortfährt zu irren. Eine solche Schlussfolgerung ist nichts anderes als die Unfehlbarkeit der Kirche zu leugnen.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass die Konzilskirche geirrt hat. Nicht nur im Jahre 1965, als das Vatikanum II. geschlossen wurde, sondern auch während der vergangenen 30 Jahre in ihrem ordentlichen, allgemeinen Lehramt. Wie kann es noch klarer sein - diese Konzilskirche ist nicht die katholische Kirche!


Wie Papst Leo XIII. in „Satis cognitum“ lehrte: „Wenn das lebendige Lehramt irgendwie falsch sein könnte - es würde ein offensichtlicher Widerspruch folgen, denn dann wäre Gott der Urheber des Irrtums.“ Ebenso lehrte das 1. Vatikanische Konzil (1870) in der dogmatischen Konstitution „Pastor Aeternus“ § 213: „Denn die Väter des vierten Konzils von Konstantinopel folgten ihren Vorgängern genau in den Fußspuren und gaben folgende feierliche Erklärung ab: ´Die erste Bedingung für das Heil ist, die Norm des wahren Glaubens zu halten. Denn es ist unmöglich, dass die Worte unseres Herrn Jesus Christus, der sagte: ´Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will ich Meine Kirche bauen´ (Mt 16,18), sich nicht als wahr erweisen sollten. Und ihre Wahrhaftigkeit ist durch den Lauf der Geschichte erwiesen worden, denn vom Apostolischen Stuhl ist die katholische Religion immer rein, und ihre Lehre heilig bewahrt worden...´“


§ 216: „...Denn es war ihnen voll bewusst, dass dieser Sitz des hl. Petrus immer von jeglichem Irrtum unbeschmutzt bleibt, entsprechend dem göttlichen Versprechen, welches unser Herr und Heiland dem Obersten Seiner Jünger gegeben hat: ´Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht schwinde; und du, wenn du dereinst wieder umgekehrt bist, stärke deine Brüder´“ (Lk 22,32).


„Dieses Charisma der Wahrheit und des nie schwindenden Glaubens wurde dem hl. Petrus und seinen Nachfolgern auf diesem Stuhl gegeben, damit sie ihr höchstes Amt zur Rettung aller ausüben könnten; damit durch sie die gesamte Herde Christi vom Gift des Irrtums ferngehalten und mit der Speise der himmlischen Lehre genährt werde; damit die Möglichkeit für ein Schisma gebannt sei, die ganze Kirche als eine bewahrt werde und, gesichert auf ihrem Fundament, fest gegen die Tore der Hölle stehe.“
[...] Die zweite Prämisse, die angewandt werden kann, um die Vakanz des Apostolischen Stuhles zu beweisen, ist, dass Häretiker, die keine Mitglieder der Kirche sein können, gleichfalls keine Autoritätsposition in der Kirche innehaben können. Johannes Pauls II. wiederholte Praktiken des falschen Ökumenismus mit den falschen Religionen der Welt sind, um mit den Worten des Papstes Pius XI. zu sprechen, „gleichzusetzen mit einem Abfall von der von Gott offenbarten Religion“ - sie sind, mit anderen Worten, Apostasie!
Dieser spezielle Punkt des Verlustes des Papstamtes durch Häresie wird von vielen Kanonisten und Theologen unterstützt:
Der hl. Franz von Sales (1567-1622), Bischof und Kirchenlehrer, sagte: „Wenn der Papst explizit Häretiker ist, verliert er ipso facto seine Würde und die Mitgliedschaft in der Kirche...“.
Der hl. Robert Bellarmin sagte: „Ein Papst, der offensichtlich Häretiker ist, hört automatisch auf, Papst und Haupt zu sein, wie er automatisch aufhört, Christ und Glied der Kirche zu sein. Deshalb kann er von der Kirche gerichtet und bestraft werden. Das ist die Lehre aller alten Väter, die lehren, dass offenkundige Häretiker unverzüglich alle Jurisdiktion verlieren.“
Der hl. Alfons, Bischof und Kirchenlehrer, sagte: „Wenn je ein Papst als eine Privatperson in Häresie fallen sollte, sollte er sofort das Pontifikat verlieren. Sollte Gott aber zulassen, dass ein Papst ein offenkundiger und unbelehrbarer Häretiker wird, so würde er dadurch aufhören, Papst zu sein, und der Apostolische Stuhl wäre vakant.“
Der hl. Antonius sagte: „Im Falle, ein Papst würde Häretiker, so würde er durch diese Tatsache und ohne jeglichen anderen Richterspruch von der Kirche getrennt sein. Ein Haupt, das vom Körper getrennt ist, kann, solange es getrennt ist, nicht Haupt desselben Körpers sein, von welchem es abgeschlagen wurde.“


Auf dem 1. Vatikanischen Konzil wurde ebenfalls von einem Kardinal die Frage aufgeworfen: „Was ist zu tun, wenn der Papst Häretiker wird?“ Die Antwort war: „... das Konzil der Bischöfe könnte ihn wegen Häresie absetzen, denn vom Augenblick, da er Häretiker wird, ist er nicht das Haupt, nicht einmal ein Glied der Kirche. Die Kirche wäre nicht für einen Moment verpflichtet, auf ihn zu hören, wenn er anfängt, etwas zu lehren, wovon die Kirche weiß, dass es falsch ist, und er würde aufhören, Papst zu sein, da er von Gott selber abgesetzt ist. Wenn der Papst beispielsweise sagen sollte, der Glaube an Gott sei falsch, wäre man nicht verpflichtet, ihm zu glauben, ebenso wenn er den Rest des Glaubensbekenntnisses leugnen würde: ´Ich glaube an Jesus Christus usw.´ Diese Annahme ist der Idee an sich nach von Nachteil für den Heiligen Vater, zeigt aber, dass dieser Punkt voll überlegt und jede Möglichkeit bedacht wurde. Wenn er irgendein Dogma der Kirche leugnet, welches von jedem wahren Gläubigen angenommen wird, dann ist er nicht mehr Papst als Sie und ich.“ (aus: The Life and Work of Pope Leo XIII von Dr. theol. James J. McGovern, S. 241.)


Kanon 188.4 des Kirchenrechts über den stillschweigenden Amtsverlust: „Es gibt bestimmte Ursachen, die den stillschweigenden Amtsverlust bewirken, welcher Verlust im voraus durch Wirkung des Gesetzes angenommen wird und dadurch ohne irgendeine Erklärung wirksam ist. Diese Ursachen sind folgende: ... (4) wenn er öffentlich vom Glauben abgefallen ist.“
[...] Ein Einwand, der gegen unsere Position, der Apostolische Stuhl ist vakant, erhoben wird, ist, dass die Häresie hauptsächlich ein Vergehen („delictum“) gegen das kanonische Recht sei - und ein Papst selbst sei als der höchste Gesetzgeber des Kirchenrechts nicht dadurch gebunden.


Der Fall eines häretischen Papstes fällt aber unter die Sünde gegen das göttliche Recht - denn die Kanonisten sagen eindeutig, dass es göttliches Recht ist, welches einen Häretiker davon ausschließt, päpstliche Autorität zu erlangen oder zu behalten.
[...] Gesetzt den Fall, ein Papst wird häretisch, sagt Kardinal Billot, so würde ein solcher Papst automatisch seine Gewalt verlieren, weil er „aufgrund seines eigenen Willens“ aus dem Körper der Kirche ausgeschieden werden würde (De Ecclesia Christi, 5. Ausgabe, [1927] 1:632).


Es ist nicht ein Verstoß gegen das kanonische Recht, welcher einen häretischen Papst absetzt, sondern seine öffentliche Sünde gegen das göttliche Recht.

Übersetzt von Johannes Heyne

 

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