Ist der neue Ritus der Bischofsweihe von 1970 noch gültig?


Wir alle wissen, wie wichtig die hl. Sakramente der Kirche für uns Menschen sind. Das Leben gleicht einer Reise. Und wie auf jeder Reise, so lauern auch auf dieser Fahrt viele Gefahren. Es könnte passieren, dass uns der Proviant ausgeht und wir vor Erschöpfung erliegen. Es könnte auch sein, dass wir in einen dichten Nebel geraten, in dem wir die Richtung verlieren und schließlich von der Straße abkommen. Oder wir werden von wilden Tieren oder böswilligen Menschen angegriffen und so zugerichtet, dass wir ärztliche Hilfe brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen.

So auch im Leben. Wir brauchen immer wieder von neuem geistige Nahrung, um nicht unterwegs zu erliegen. Diese gibt uns Gott in Seiner Gnade, vor allem in der hl. Kommunion, in der Er sich selber zur Nahrung gibt. Wenn wir uns geistig im Nebel befinden und weder ein noch aus wissen, dann kommt uns der Hl. Geist, den wir in der hl. Firmung empfangen haben, mit Seinem Licht zu Hilfe. Er steht uns aber auch bei in allen Kämpfen gegen unsere geistigen Feinde. Sollten wir in einem dieser Kämpfe gegen den Teufel doch einmal erliegen, dann hat Gott uns das Sakrament der Buße geschenkt, um uns wieder rein zu waschen von Schuld, uns wieder aufzurichten und mit neuer Kraft ausgestattet auf den Weg zu senden.

In Seiner Barmherzigkeit hat Gott die Verwaltung dieser Sakramente in die Hände sterblicher, schwacher Menschen gelegt, und sie dazu mit besonderen Vollmachten ausgestattet. Diese Menschen sind die Priester. Jesus hat sie damit beauftragt, Sein Erlösungswerk bis zum Ende der Zeit fortzuführen. Um dies zu gewährleisten, hat Er den Aposteln und ihren Nachfolgern, den Bischöfen, die Gewalt gegeben, Priester und vor allem auch neue Bischöfe zu weihen, die dann ihrerseits wieder Priester weihen können. Diese Apostolische Sukzession oder Nachfolge von Bischöfen und Priestern hängt aber ganz entscheidend davon ab, dass die neuen Bischöfe und Priester gültig geweiht werden, denn wenn die Weihen nicht gültig weitergegeben werden, dann gibt es auch keine neuen Bischöfe und Priester. Daher ist es sehr gefährlich, die Riten, die von der Kirche für die Weihen verwendet werden, zu verändern, denn man läuft damit Gefahr, die Weihen ungültig zu machen.

Mit dem 2. Vatikanum wurden aber neben den Veränderungen der Riten der übrigen Sakramente gerade auch die Riten für die Weihen geändert. Dabei wurde auf dem Konzil selber zunächst nur beschlossen, dass die Zeremonien und Texte des Ordinationsritus zu revidieren seien (Konstitution über die Liturgie vom 4. Dezember 1963).

Diese Revision wurde dann in den folgenden Jahren anhand verschiedener Dokumente durchgeführt:

In seinem Motu Proprio Sacrum Diaconatus Ordinem vom 18. Juni 1967 veröffentlichte Paul VI Richtlinien bezüglich der “Diakone auf Lebenszeit” (Diakone, die immer Diakone bleiben, ohne die Absicht, zum Priestertum aufzusteigen). Am 18. Juni 1968 promulgierte er die neuen Weiheriten für Diakone, Priester und Bischöfe (Apostolische Konstitution Pontificalis Romani recognitio), die 1970 in Kraft traten. 1972 wurden die Tonsur, die vier niederen Weihen (Ostiariat, Lektorat, Exorzistat und Akolythat) und die Subdiakonatsweihe abgeschafft, so dass es jetzt in der modernen Kirche anstelle der acht Stufen zum Priestertum nur noch zwei gibt, das Diakonat und das Priestertum. 1989 wurde der Ritus der Priesterweihe noch einmal einer Revision unterzogen1.

Wenn also auch die Riten aller Weihen abgeändert wurden, so hängt doch das allermeiste von der Gültigkeit der Bischofsweihe ab. Wenn nämlich die Bischöfe gar keine Bischöfe mehr sind, dann sind auch die Weihen der Priester und Diakone nicht mehr gültig, und dann können auch die anderen Sak-ramente nicht mehr gültig gespendet werden. Daher wollen wir uns in diesem Artikel auch auf die moderne Bischofsweihe und die Frage nach ihrer Gültigkeit konzentrieren.


Um nun die Gültigkeit des neuen Ritus beurteilen zu können, bedarf es zunächst noch der Klärung einiger theologischer Grundsätze bezüglich der Sakramente im allgemeinen.

“Ein Sakrament ist ein äußeres Zeichen, das Jesus eingesetzt hat, um uns innere Gnade zu geben”2. So lehrt uns der Katechismus. Dabei unterscheidet man zwischen der Materie und der Form eines Sakramentes. Die Materie ist die stoffliche Substanz, die bei der Sakramentspendung verwendet wird, oder die äußere Handlung, die dabei Anwendung findet; die Form sind die Worte, die dabei gesprochen werden.

Im Fall der Taufe zum Beispiel wäre die Materie das Wasser, das dreimal in Kreuzesform über das Haupt des Täuflings gegossen wird. Die Form sind die Worte, die der Priester dabei spricht, nämlich: “N., Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes”.

Dabei ist wichtig zu beachten, dass der Priester, wenn er ein Sakrament spendet, zwar viele Worte und viele Gebete spricht, dass aber nicht alle diese Gebete die Form ausmachen. Die Form selber besteht meist nur aus einem oder einigen wenigen Sätzen, die von der Kirche ganz klar festgelegt und oft auch im Text des Ritus drucktechnisch etwas von den restlichen Gebeten abgesetzt sind (vgl. zum Beispiel die Wandlungsworte). Diese wenigen Sätze sind wichtig und entscheidend, dass das Sakrament zustande kommt. Wenn sie weggelassen oder geändert werden, hat der ganze Ritus, mag er auch noch so viele Gebete und Zeremonien enthalten, keine Wirkung, das Sakrament ist ungültig. Wenn zum Beispiel bei der Taufe der Priester alle Gebete betet und alle Zeremonien einhält, die das Rituale vorschreibt, aber die entscheidenden Worte “Ich taufe dich im Namen...” weglässt oder wesentlich verändert, dann ist die ganze Taufe ungültig und der Täufling nicht getauft!

Wenn die Form ganz weggelassen wird, so ist der Fall eindeutig. Es wird dann kein Sakrament gespendet. Anders verhält es sich aber, wenn sie zwar ausgesprochen, aber abgeändert wird. Dann muss man unterscheiden. Es gibt Änderungen im Wortlaut, die auch den Sinn und die Bedeutung dessen, was gesagt wird, berühren. Man sagt dann einfach nicht mehr dasselbe aus wie zuvor. Solche Änderungen sind so genannte wesentliche Änderungen, weil sie das Wesen der Aussage antasten. Dann kann man eine Aussage aber auch derart abändern, dass man zwar andere Worte verwendet, aber sinngemäß doch dasselbe sagt. Die Abänderung greift hier also nicht das Wesen der Aussage an, sondern nur deren Wortlaut. Da der Wortlaut aber nicht das Entscheidende ist, sondern eher zufällig (akzidentell, von lat. accidere), heißt eine solche Änderung auch akzidentelle Änderung. Der Theologe Halligan hat das so formuliert: Eine wesentliche Änderung liegt dann vor, “wenn die Worte, die in der Form gebraucht werden, nicht mehr denselben Sinn behalten”, eine akzidentelle, “wenn (sie) anders sind, aber denselben Sinn bewahren”.

Ein Gebiet, wo diese Unterscheidung zum Tragen kommt, sind z.B. die Riten der östlichen Kirchen. Diese verwenden für die Spendung der Sakramente nämlich oft Formen, die von denen der römisch-katholischen Kirche zwar im Wortlaut abweichen, dem Sinn nach aber doch identisch sind. So verwendet der ukrainisch-byzantinische Ritus für die Taufe die Form: “Der Knecht Gottes N. wird getauft im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des Heiligen Geistes. Amen.”4

Was am Beispiel der Taufe auch klar wird, ist, dass die Materie allein für das Zustandekommen des Sakramentes nicht ausreicht. Denn wenn jemand - wie im Beispiel der Taufe - Wasser über den Kopf gegossen wird, dann kann das im Grunde alles mögliche bedeuten: es könnte sein, dass jemand einfach von sichtbarem Schmutz abgewaschen wird; oder es könnte sein, dass dieses Gießen von Wasser einfach ein Ritus ist, der verwendet wird, um Menschen in eine bestimmte rituelle Gemeinschaft aufzunehmen. Daher ist es für das Zustandekommen des Sakramentes so entscheidend, dass die vorgenommene Handlung von Worten begleitet wird, die zum Ausdruck bringen, was der Spender des Sakramentes eigentlich gerade tut, von Worten also, die die Bedeutung und Wirkung der Handlung festlegen. Das geschieht eben gerade durch die so genannte Form.

Wenn wir diese Prinzipien jetzt auf unsere Frage nach der Gültigkeit der modernen Bischofsweihe anwenden, dann muss zunächst klargestellt werden, was bei ihrem Ritus wichtig ist, und was bei Materie und Form eine wesentliche Änderung ausmachen würde.

Was die Materie, also die äußere Handlung, angeht, so besteht sie bei der Bischofsweihe “in der Handauflegung des Konsekrators”5. Diese ist im neuen Ritus immer noch vorhanden und ist nicht geändert worden. Sie braucht uns daher hier nicht weiter zu beschäftigen.

Kommen wir also gleich zur Form. Pius XII. hat in seiner Apostolischen Konstitution Sacramentum Ordinis erklärt, dass in der Form des Weiheritus eindeutig die sakramentalen Wirkungen bezeichnet werden müssen, nämlich die Vollmachten der Weihe, die gespendet wird, und die Gnade des Heiligen Geistes. Es muss also klar und unzweideutig ausgesagt werden, welche Weihe gespendet wird.

Schauen wir uns nun zunächst die Form des alten Ritus an. Sie befindet sich in der Weihepräfation, ist also nur ein kleiner Teil derselben. Pius XII. hat in Sacramentum Ordinis genau festgelegt, welcher Teil der Präfation die Form ist und in welchen Worten sie besteht.

Interessanterweise hat auch Paul VI. dasselbe über die Form “seines” Weiheritus gesagt, dass nämlich nur ein ganz bestimmter Teil der Präfation die entscheidende Form ausmacht. Daher hilft es auch nicht, dass einige “Reformer” die Mängel, die, wie wir sehen werden, die moderne Form aufweist, dadurch zu retten oder zu reparieren versuchen, dass sie sagen, die entsprechenden Aussagen, die in der Form selber fehlen, würden doch in der unmittelbar davor und danach anschließenden Präfation gemacht (denn die Präfation gehört eben selbst nach Meinung Pauls VI. nicht zur Form).

Pius XII. stellt also in Sacramentum Ordinis ein für allemal klar, wie die Form für die Bischofsweihe lautet:

“Vollende in Deinem Priester die Fülle Deines Dienstes und, mit dem Schmuck der gesamten Verherrlichung ausgestattet, heilige ihn mit dem Tau himmlischer Salbung.”

Beides, “die Fülle Deines Dienstes” und der “Schmuck der gesamten Verherrlichung” können sich nur auf einen Bischof beziehen. Kein Priester und erst recht kein Diakon besitzt die “Fülle” des Priestertums.

Werfen wir nun einen Blick auf die neue, revidierte Form:

“Und nun gieße aus über diesen Erwählten jene Kraft, die von Dir stammt, den vorzüglichen Geist (Spiritum principalem - in der den verschiedenen landessprachlichen Versionen zugrunde liegenden lateinischen Fassung), den Du Deinem geliebten Sohn Jesus Christus gegeben hast, den Er selbst den heiligen Aposteln gegeben hat, die die Kirche an den einzelnen Orten als Dein Heiligtum errichtet haben, zum unvergänglichen Ruhm und Lob Seines Namens”6.

Erfüllt diese Form die Kriterien, die Pius XII. niedergelegt hat?

Zunächst fällt auf, dass offensichtlich der Heilige Geist sozusagen unter den Tisch gekehrt wurde. Unter “Spiritus principalis” kann ja alles mögliche verstanden werden, aber nicht unbedingt der “Heili-ge Geist”.

Aber wollen wir den modernistischen Reformern für einen Augenblick zugestehen, dass sie mit “Spiri-tum principalem” tatsächlich den Heiligen Geist meinen. Dann stellt sich aber doch das Problem, dass dieser “Geist” nicht näher spezifiziert wird. Nach den Kriterien von Pius XII. muss aber - wie wir oben gesehen haben - in der Form gerade “unzweideutig” ausgesagt werden, welche Weihe gespendet wird, d.h. es muss zur Sprache kommen, welche Gaben des Heiligen Geistes dem Weihekandidaten vermittelt werden. Es muss jeweils dazu gesagt werden, ob der Kandidat die Gnaden für die Diakonatsweihe, die Priesterweihe oder die Bischofsweihe erhalten soll. Denn der Heilige Geist wird ja bei der Spendung jedes Sakramentes empfangen. “Alle Sakramente bringen an sich die heiligmachende Gnade hervor oder vermehren sie ex opere operato. Damit verleihen sie auch zugleich den Habitus der übernatürlichen Tugenden und die Gaben des Heiligen Geistes.” 7

Da aber in der `neuen” Form eben nicht gesagt wird, welche Weihe gespendet werden soll und welche Vollmachten dem Weihekandidaten vermittelt werden sollen, muss der neue Ritus eindeutig als ungültig eingestuft werden!

Verfechter dieses neuen Ritus werden nun allerdings ins Treffen führen, die Gabe des Heiligen Geistes sei sehr wohl ausgesagt, da doch die Rede von “Spiritum principalem” sei. Was ist aber unter “Spiritus principalis” zu verstehen?

Wie heute jeder weiß, ist die moderne “katholische Kirche” der Meinung, den Gläubigen entgegenkommen und die lateinischen Texte in die jeweilige Landessprache übersetzen zu müssen. So auch die Form für die Bischofsweihe. Da hat sich nun gezeigt, dass die Verfasser oder die Übersetzer des Textes selber nicht so genau wussten, was “Spiritus principalis” eigentlich bedeutet.

(Ganz nebenbei bemerkt: das ist genau einer der Gründe, warum wir am Lateinischen als der liturgischen Sprache der Römisch-katholischen Kirche festhalten - Vermeidung von Verfälschung und Konfusion aufgrund der Schwierigkeit, den lateinischen Text in den verschiedenen Sprachen äquivalent wiederzugeben.)

Wie oben schon gesehen: die deutsche Version spricht vom “vorzüglichen Geist”. Der englische Text verwendete zwar erst “excellent Spirit” (was soviel heißt wie “vorzüglicher, hervorragender Geist”), dann einigte man sich aber auf “governing Spirit” (“regierender Geist”). Im Französischen ist die Rede von “Geist, der Herrscher (oder Vorsitzende) macht”8.

Selbst wenn man “Spiritus principalis” mit “Geist, der einem Fürst, einem Regent zukommt” übersetzt (was anzunehmen wäre, wenn man “principalis” den lateinischen Ausdruck “princeps” [“Fürst”, “Gebieter”, “Regent”] zugrunde legt), dann ist zwar die Rolle des Bischofs als Haupt einer Diözese zum Ausdruck gebracht. Aber das betrifft ja nur seine Jurisdiktionsgewalt, die Vollmacht zur äußeren Leitung über die ihm anvertrauten Priester und Gläubigen, nicht aber die Vollmachten der Weihe, die er empfängt, nämlich seinerseits wieder Weihen zu spenden, zu firmen, die hl. Öle zu weihen. Vollmacht, eine Gemeinschaft zu leiten, hat praktisch jedes Haupt einer Gemeinde - selbst Vorsitzende einer protestantischen oder sonstigen Sekte, die diese Vollmacht von ihren Anhängern erhalten.

Wir sehen also, selbst “principalis” drückt nicht aus, welche Weihe gespendet wird und welche Vollmachten damit dem Weihekandidaten anvertraut werden. Die Form muss weiterhin als ungültig angesehen werden!


Der Leser mag sich jetzt vielleicht fragen, ob diese ganze Untersuchung einzelner Worte denn nicht etwas kleinlich und haarspalterisch sei. Dass es sich hier aber nicht um Haarspalterei handelt, und dass hier nicht sozusagen das Blaue vom Himmel herunter interpretiert wird, wird deutlich, wenn wir einen Blick in die Geschichte wagen. Wir gehen zurück in das 16. Jahrhundert nach England. Dort werden wir sehen, dass die Frage nach der Gültigkeit von Weiheformen mit der Änderung unter Paul VI. nicht zum ersten Mal aufgetreten ist.

Schon Papst Leo XIII. befasste sich in seinem Apostolischen Schreiben “Apostolicae Curae” vom 13. September 1896 mit einer sehr ähnlichen Frage. Es ging dabei um die Gültigkeit der anglikanischen Weihen. Nachdem nämlich Heinrich VIII. sich 1531 zum “Protector and supreme head of the English Church and clergy” (“Schutzherr und Oberhaupt der Englischen Kirche und des Klerus”) ernannt und damit von der katholischen Kirche losgesagt hatte, wurde unter seinem Nachfolger Eduard VI. ein neuer Weiheritus eingeführt. “Nach allgemeiner Auffassung, welche öfters durch Amtshandlungen der Kirche und durch deren beständige Lehrunterweisung bestätigt wurde, erlosch dadurch das wahre Sakrament der Priesterweihe, so wie Christus es eingesetzt hat, und zugleich auch die Apostolische Sukzession der Hierarchie.” (Apostolicae Curae) 9

Leo XIII. weist zunächst darauf hin, dass die ganze Frage der Gültigkeit der anglikanischen Weihen schon längst behandelt und eigentlich abgeschlossen sei. So unter Maria Tudor (genannt “die Katholische”), die 1553 Eduard VI. auf dem englischen Thron gefolgt war, und die versuchte, den Katholizismus in England wieder herzustellen und die Kirche von England wieder mit Rom auszusöhnen. Damals schon unterschied Julius III. zwischen den Priestern, die “entweder vor dem Abfall Heinrichs VIII.; oder, falls nachher, von solchen Spendern (ihre Weihe empfangen hatten), die zwar dem Irrtum und dem Schisma verfallen (...), selbst aber noch nach dem althergebrachten katholischen Ritus geweiht worden waren”, und denen, die “nach dem “Ordinale” König Eduards geweiht worden waren, und die folglich (zu den katholischen Weihen) zugelassen werden durften: weil sie (vorher) eine un-gültige Weihe empfangen hatten.” (Ap. Curae, 7)

Dieser Kurs wurde dann die ganzen Jahrhunderte hindurch befolgt. Als Beispiele erwähnt Leo XIII. den Fall eines französischen Kalvinisten (aus dem Jahre 1684) und den John Clement Gordons (1704). Beide hatten ihre Weihe nach dem Rituale Eduards empfangen und in beiden Fällen wurde die Weihe für ungültig erklärt.

Da aber in seinen Tagen dieselbe Streitfrage erneut aufgetreten war und da ihm an dem Heil der Seelen über alles gelegen war, ordnete Leo XIII. an, “das ‘anglikanische Ordinale’, das ja am Ursprung der ganzen Auseinandersetzung steht, neuerdings mit größter Sorgfalt zu untersuchen” (Ap. Curae, 12).
Der Papst geht nun zunächst noch einmal auf grundlegende Dinge ein. So hebt er die bei der Spendung der Sakramente wichtige Unterscheidung zwischen dem zeremoniellen Teil und dem wesentlichen Teil (Materie und Form) hervor, auf die wir schon weiter oben aufmerksam gemacht haben. Da “die Sakramente des Neuen Bundes mit den Sinnen wahrnehmbare Zeichen (sind), die eine unsichtbare Gnade bewirken”, “müssen (sie) die Gnade bedeuten, die sie bewirken, und die Gnade bewirken, die sie bedeuten. Obzwar der ganze wesentliche Ritus, also Materie und Form, diese Bedeutung in sich tragen muss, so ist dieselbe doch vorzugsweise in der Form enthalten: denn die Materie ist der nicht durch sich selbst bestimmte Teil, welcher durch die Form seine Bestimmung erhält” (Ap. Curae, 12).

Bei der Priesterweihe zum Beispiel ist die Materie die Auflegung der Hände. “Dieselbe hat von sich her keine genau umschriebene Bedeutung, und sie wird ebenso bei bestimmten anderen Stufen des Weihe-Sakramentes, und gleicher Weise bei der Firmung gebraucht.” (Ap. Curae, 12)

Die Anglikaner halten aber “für die wesentliche Form der Priesterweihe die folgenden Worte: Empfange den Heiligen Geist. Aber diese Worte sind weit davon entfernt, die Weihe zum Priestertum genau zu bezeichnen, oder dessen Gnade und dessen Gewalt: die ja hauptsächlich die Gewalt ist, den wahren Leib und das Blut des Herrn zu konsekrieren und als Opfer darzubringen”.

“Freilich wurden der (anglikanischen) ‘Form’ später die Worte hinzugefügt: für das Amt und die Tätigkeit des Priesters - aber das ist eher ein Beweis dafür, dass die ‘Anglikaner’ selbst diese ursprüngliche Form als mangelhaft und ungeeignet angesehen haben.” (Ap. Curae, 12,13)

(Der Zeitraum, nach dem die Worte “für das Amt und die Tätigkeit des Priesters” hinzugefügt wurden, betrug etwa hundert Jahre. Es musste also davon ausgegangen werden, dass seit einer geraumen Zeit keine gültig geweihten Priester und - wie weiter unten deutlich werden wird - auch keine gültig geweihten Bischöfe mehr am Leben waren, und dass daher die Weihesukzession, also die ununterbrochene Nachfolge eines geweihten Bischofs auf einen gültig geweihten Vorgänger, unterbrochen war.)

“Eine ‘Form’ kann folglich nicht geeignet und ausreichend für ein Sakrament sein, welche gerade das mit Schweigen übergeht, was wesentlich darin bedeutet werden müsste.” (Ap. Curae, 13)

“Mit der Bischofsweihe verhält es sich ebenso” (Ap. Curae, 13), denn erstens wurden der anglikanischen Form “Empfange den Heiligen Geist” die spezifizierenden Worte “für das Amt und das Werk des Bischofs” ebenfalls erst viel später angefügt, und zweitens müssen diese Worte aber auch dann anders als im katholischen Sinn verstanden werden.

Der Grund für letzteres ist folgender: es gibt da ein altes kirchliches (eigentlich sehr einleuchtendes) Gesetz. Es lautet “lex orandi lex credendi” - wie jemand betet, so glaubt er auch. Mit anderen Worten: der Glaube eines Menschen (oder einer Gemeinschaft) kommt in seinem (ihrem) Gebet zum Ausdruck, d.h. am Inhalt des Gebetes kann man den Inhalt seines Glaubens erkennen. So ist “im gesamten (anglikanischen) ‘Ordinale’ nichts ausdrücklich erwähnt: über das Opfer; über die Wandlung: über das Priestertum; über die Gewalt zu konsekrieren und das Opfer darzubringen. Ja, mehr als das: die geringste Spur derartiger Wahrheiten, welche in den nicht zur Gänze ausgemerzten Gebeten aus dem katholischen Ritus noch vorhanden waren, sind dann geflissentlich (...) gestrichen und ausgelöscht worden.” (Ap. Curae, 14,15)

Es wird also deutlich, wenn man das gesamte Ordinale betrachtet, dass die Anglikaner nichts mehr mit einem Priestertum zu tun haben wollten, dessen Aufgabe es ist, das Opfer darzubringen und zu konsekrieren. Daher trugen auch die Worte “für das Amt und die Tätigkeit des Priesters” bzw. “für das Amt und das Werk des Bischofs” nichts zur Gültigkeit der Weihen bei, da ja unter “Priestertum” etwas ganz anderes verstanden wurde als in der katholischen Kirche.

Leo XIII. weist dann noch auf einen anderen sehr wichtigen und (auch für unsere heutige Situation) sehr interessanten Punkt hin. Außer Materie und Form gibt es noch ein drittes Element, das für die gültige Spendung eines Sakramentes entscheidend ist: die richtige Absicht oder Intention. Wenn jemand die Sakramente der katholischen Kirche spendet, dann muss er auch die Absicht haben, das zu tun, was die Kirche tut. Solange aber jemand die von der Kirche vorgeschriebene Materie anwendet und die vorgeschriebene Form spricht - einen katholischen Sakramentsritus verwendet -, so wird von diesem auch angenommen, dass er dieselbe Intention hat wie die katholische Kirche. “Auf diesen Grundsatz stützt sich die Lehre, dass ein Sakrament, welches von einem Häretiker oder von einem Nichtgetauften gespendet wird, gültig ist: vorausgesetzt, dass es nach dem katholischen Ritus gespendet wird.” (Ap. Curae, 16)

“Hingegen, wenn der Ritus mit der offenbaren Absicht geändert wird, einen anderen Ritus einzuführen, und zurückgestoßen wird, was die Kirche tut und was gemäß der Einsetzung durch Christus zum Wesen des Sakramentes gehört: dann fehlt es offenkundig nicht nur an der für das Sakrament notwendigen Intention, sondern es liegt dann sogar eine Gegen-Intention vor, die dem Sakrament feindlich ist und zu ihm in Widerspruch steht.” (Ap. Curae, 16, 17)

Was hat wohl die “Reformer” des Vatikanum II dazu bewogen, die althergebrachten katholischen Riten zu ändern? Es war ja keinerlei Notwendigkeit dafür gegeben, besaß man mit den “alten” Riten doch eine sichere, zweifelsfreie Form für die Sakramentspendung. Nach den Worten Leo XIII. drückt ein solches Verhalten “offenkundig” eine Intention aus, die “dem Sakrament feindlich ist und zu ihm in Widerspruch steht” (Ap. Curae, 17).

Zu dem Ergebnis, dass diese “Reformer” eine Absicht hatten, die nicht nur den Sakramenten, sondern auch der ganzen Kirche feindlich ist, muss man erst recht kommen, wenn man nur bedenkt, dass man an die Stelle der zweifelsfreien Form nicht nur ohne Notwendigkeit eine andere Form gesetzt hat, sondern sogar bewusst eine Form, von der gebildete Theologen, wie sie die führenden “Re-former” ja waren, eindeutig ausgehen müssen, dass sie ungültig ist. Es wäre unrealistisch zu sagen, dass diese Männer, die jahrelang an katholischen Universitäten oder in katholischen Seminaren unterrichtet wurden, nicht genau die katholische Sakramentslehre kannten, und dass ihnen hier ein unbeabsichtigter Fehler unterlaufen sei. Man muss vielmehr davon ausgehen, dass man um diese Defekte wusste, sie aber absichtlich “eingefädelt” hat, um die Sakramente zu zerstören und damit den Brunn des Lebens für die Menschen versiegen zu lassen.

Selbst wenn es denn wirklich der Fall gewesen sein sollte, was wie gesagt aber absolut unrealistisch ist, dass den “Neuerern” hier ein Fehler aus Unachtsamkeit unterlaufen ist, dann wären sie trotzdem grober Fahrlässigkeit schuldig, da sie erstens sozusagen ihre Hausaufgaben nicht gemacht und zweitens in verantwortungsloser Weise mit dem Feuer gespielt haben.

Vielmehr tritt die wahre Absicht der “Neuerer”, nämlich die Kirche als Heilsinstitution zu zerstören, auch darin zu Tage, dass zum Beispiel nach der Instructio generalis der `neuen Messe” der “Priester” der Gemeinde nur noch als Leiter vorstehe. Er sei nur noch Vorsitzender einer Mahlgemeinschaft. Die Messe sei nur noch ein Gedächtnismahl wie bei den Protestanten. Sie sei kein Opfer mehr, keine sakramentale Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Christi. Dadurch wird den Menschen aber die Leitung abgegraben, die ihnen den Zugang zu den Verdiensten dieses Kreuzesopfers ermöglicht.


Wenden wir also die oben erwähnten Richtlinien Pius XII. auf den modernen Ritus der Bischofsweihe an und ziehen wir die entsprechenden Konsequenzen aus dem Schreiben Leos XIII., dann müssen wir bezüglich dieses Ritus zu demselben Ergebnis kommen, wie Leo XIII. bezüglich der anglikanischen Weihen: “Die nach dem “anglikanischen Ritus” vollzogenen Weihen waren und sind ganz und gar ungültig, sowie völlig nichtig” (Ap. Curae, 18). Das bedeutet mit anderen Worten, dass - nach der katholischen Sakramentstheologie - alle Bischöfe, die seit 1970 geweiht wurden, gar keine Bischöfe sind. Das heißt aber, dass auch die von ihnen geweihten Priester keine wahren Priester sind, und dass folglich von diesen “Priestern” auch keine gültigen Messen mehr gelesen, keine gültigen Beichten mehr gehört und keine gültigen Sterbesakramente mehr gespendet wurden bzw. werden.

Noch eine sehr wichtige Schlussfolgerung, die in diesem Zusammenhang zu bedenken ist: auch “Be-nedikt XVI.”, der seine Bischofsweihe 1977 empfing, gehört zu jenen Bischöfen, die nach 1970 geweiht wurden. Der jetzige `Bischof von Rom” ist also nicht einmal gültiger Bischof.

Wie man hier und da immer wieder hört, will dieser Benedikt XVI. Priestern zugestehen, selbst ohne die Erlaubnis ihres Bischofs wieder die `alte” Messe (in Latein) zu lesen. Sollte dies wirklich der Fall sein, so schaut das zwar auf den ersten Blick so aus, als kehre der “Papst” zum sog. “Alten” zurück. Dies nützt aber gar nichts, wenn man bedenkt, dass die Priester, die diese Messen nach dem überlieferten lateinischen Ritus lesen, gar keine gültig geweihten Priester sind. Eine Situation, die ein älterer Priester schon vor etwa dreißig Jahren vorhergesehen haben muss, als er sagte: “Wenn es einmal keine gültigen Priester mehr gibt, werden sie die lateinische Messe erlauben”.

In dieser Lage befinden sich jetzt schon die Priester der Petrusbruderschaft, die ja bekanntlich die “alte” Messe lesen. Denn auch die Priester der Petrusbruderschaft bekommen ihre Weihen von den nach dem neuen Ritus geweihten `Bischöfen” und sind daher keine gültigen Priester.

Aber auch bezüglich der Priesterbruderschaft St. Pius X. muss man sich die Frage stellen, warum sie denn ein so großes Interesse daran zu haben scheint, dass Rom seinen “Priestern” die Zelebration der “alten” Messe wieder erlaube, und dabei selbst durch Videoaufnahmen diesen “Priestern” die “al-te” Messe wieder “schmackhaft” zu machen versucht, ohne dass sie mit einem Wort auf die Gültigkeit der Weihen dieser modernen Priester und ihrer Bischöfe eingeht und sie hinterfragt. Sie scheint sich der hier angesprochenen Problematik überhaupt nicht bewusst zu sein bzw. hier kein Problem zu sehen, werden doch auch nicht mehr alle “Priester” des Novus Ordo, die in die Piusbruderschaft eintreten wollen, nachgeweiht. Dabei bezeugt zum Beispiel Rev. Anthony Cekada in seinem Artikel “Abso-lutely Null and Utterly Void”, Erzbischof Lefebvre habe ihm selber gesagt, Priester, die von der modernen Kirche kämen, müssten bedingungsweise nachgeweiht werden, da Paul VI. den Weiheritus geändert habe10. Es macht den Eindruck, als könne in den Augen der Piusbruderschaft selbst ein junger Priester der modernen Kirche ohne Probleme das hl. Messopfer nach dem alten Ritus gültig darbringen.

Seien wir Gott immer von ganzem Herzen dafür dankbar, dass wir die Wahrheit erkennen durften und an den wahren und gültigen Sakramenten, dem Brunn des Lebens, teilhaben dürfen. Beten wir immer für die, die den Irrtümern und Änderungen des 2. Vatikanischen Konzils erlegen sind, dass Gott ihnen sowohl das Licht schenke, die Wahrheit zu erkennen, als auch den Mut und die Kraft, dieser Erkenntnis zu folgen. Erleichtern wir ihnen diesen Schritt vor allem durch unser gutes Beispiel der Geduld und Nächstenliebe. “Wenn sie zu Seinem einzigen Schafstall zurückkehren: dann werden sie auch die vermissten Wohltaten erlangen sowie die daraus hervorgehenden Hilfsmittel für das Heil, zu deren Verwaltung ER selbst die Kirche einsetzte: sie ist ja die ewige Hüterin Seiner Erlösung und deren Verwalterin für die Völker. Dann werden sie in Freude die Wasser aus den Quellen des Erlösers schöpfen mittels Seiner wunderbaren Sakramente: diese bringen den Seelen der Gläubigen nach tatsächlicher Vergebung ihrer Sünden die Freundschaft Gottes wieder; diese nähren und stärken sie mit dem Himmlischen Brot, und sie haben Überfluss an den erhabensten Hilfsmitteln zur Erlangung des Ewigen Lebens.” (Ap. Curae, 18)

Vergessen wir auch nicht, für die Bischöfe und Priester zu beten, die es durch ihre Treue zum wahren Glauben ermöglichen, dass die Weihesukzession erhalten bleibt. Beten wir, dass wir weiterhin gültige Bischöfe und Priester haben, von denen wir die wahren, lebenspendenden Sakramente empfangen können.


P. Johannes Heyne

 


1 Rev. Francisco Radecki, CMRI, Rev. Dominic Radecki, CMRI, What has happened to the Catholic Church?, The Aylmer Express Ltd, Aylmer, Ontario, Canada, 1994,
   233

2 ebd., Katechismus des Oratoriums, SAKA-Basel, 1987, 202 
3
 Nicholas Halligan, O.P.,The Administration of the Sacraments, New York 2 1964, 8
4 n. F.Cappello, De Sacramentis, Rom 1951, 1,777 (zit. n. Rev. Anthony Cekada, Absolutely Null and Utterly Void, The 1968 Rite of Episcopal Consecration, www.traditionalmass.org, 3)
5 Jone P. Dr. Heribert, Katholische Moraltheologie, Paderborn 18 1961, 520
6  zit. n. Katechismus des Oratoriums, SAKA-Basel 1987, 340
7 Jone P. Dr. Heribert, Katholische Moraltheologie, Paderborn 181961, 362
8 Rev. Anthony Cekada, Absolutely Null and Utterly Void. The1968 Rite of Episcopal Consecration, www.traditionalmass.org, 9
9 Leo XIII., Apostolicae Curae, Wien2 1996, deutsche Übersetzung von Hochw. Herrn Pfarrer Paul Schonbroodt, Steffeshausen (Belgien), 4, SAKA-Basel 1987
10 Rev. Anthony Cekada, Absolutely Null and Utterly Void, www.traditionalmass.org, 1


 

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