Moderner Glaubensverrat an Jesus Christus

Als ich neulich mit dem Zug unterwegs war, setzte sich bei einer Station eine etwas ältere Dame neben mich hin und nahm ihrerseits ebenfalls ein Buch in die Hand. Da sie es frei vor sich hin hielt und auch viel herumblätterte, konnte man kaum übersehen, welches Thema dieses Buch behandelte. Es ging um den „jüdisch-christlichen Dialog“. Ich will nicht verschweigen, dass dies mein Interesse weckte, zumal diese Thematik grundsätzliche und substanzielle Glaubensfragen betrifft, mit denen man in der heutigen Zeit der Glaubenskrise verstärkt zu tun hat.

Nun, die einzelnen Kapitel dieses Buches behandelten die Themen des jüdischen Jom-Kippur-Festes, der Speise- und Kleidungssitten der Juden. Auch ging es in einer Abhandlung eines „christlichen“ Autors um die angebliche Vereinbarkeit der jüdischen und christlichen Gottesvorstellungen. Zwar war dieses Buch offiziell so angelegt, als würde es darin um einen (jüdisch-christlichen) „Dialog“ gehen, unter welchem ja normalerweise verstanden wird, dass zwei Seiten miteinander und übereinander reden. Tatsächlich konnte man sich aber nicht des starken Eindrucks erwehren, dass es sich in diesem Buch trotz der programmatischen Überschrift lediglich um einen Monolog (!) einer einzigen Seite handelte. Und zwar so angelegt, dass der christlichen Seite ziemlich einseitig die „Werte“ und Vorzüge der jüdischen Religion, Kultur und Lebensweise nahegebracht werden sollten.

Und dieses Phänomen der Einseitigkeit des Redens und Erklärens bei den seit Beginn der modernistischen Revolution des 20. Jahrhunderts zahlreich erscheinenden Publikationen zum Thema des (vermeintlichen) interreligiösen Gedankenaustausches tritt nicht nur im Hinblick auf die jüdische Seite, sondern oft genug auch im Hinblick auf die moslemische Seite auf. Und zwar geht es dabei ebenfalls nicht darum, der nichtchristlichen Seite etwa (auch) das Christentum zu erklären, sondern fast ausschließlich darum, die Christen mit den „Idealen“ anderer nichtchristlicher Religionen vollzupumpen!

Dabei ist wichtig festzustellen, dass dieser ganze Prozess lediglich unter dem Vorzeichen der oft genug auch politisch-gesellschaftlich motivierten Anpassung christlicher Glaubensinhalte an die jüdische, moslemische und so manche andere Religion stattfindet! Mit einem Dialog (wenn man schon selbst davon redet) geschweige denn mit Objektivität und der Liebe zur Wahrheit haben alle diese Publikationen und Veranstaltungen natürlich kaum etwas zu tun.

Und wie ein roter Faden zieht sich durch alle diese interreligiösen Aktivitäten auch die gefestigte Meinung „christlicher“ Teilnehmer und Publizisten durch, wonach der christliche Glaube keinen substanziellen Vorzug vor allen anderen Religionen genieße, keine besondere Ausnahmestellung innerhalb der Weltreligionen einnehme! Das Christentum als Religion sei lediglich eine von vielen Religionen, die zwar ebenfalls ihre markanten Eigenheiten und sogar Vorzüge besitze, aber dennoch nur eine Seite des menschlichen Daseins, der Beziehung des Menschen zu einem wie auch immer gearteten göttlichen Wesen beleuchte und somit gleich den anderen Religionen keinen universellen, keinen Absolutheitsanspruch erheben könne!

Und dieser Grundkonsens heutiger „fortschrittlicher“ und „aufgeklärter“ Theologen, welcher einer allgemeinverbreiteten festen Übereinkunft, ja geradezu einem unerschütterlichen „Dogma“ gleichkommt, dürfe unter keinen Umständen angetastet bzw. in Frage gestellt werden. Denn sonst sei man ja intolerant, inhuman, rückständig und verbohrt und somit natürlich auch nicht auf dem neuesten Stand der theologischen Wissenschaft.

Aber darum geht es ja gerade, dass der christliche Glaube weder ein Produkt menschlicher Reflexion noch eine wie auch immer geartete Daseinsphilosophie darstellt, wie er heute oft von den modernistischen Theologen interpretiert und unter das Volk gebracht wird. Dadurch soll er lediglich seines überirdischen Charakters, seiner Göttlichkeit beraubt und entzaubert werden, um sich auf derselben letztendlich profanen Stufe wiederzufinden, auf welcher sich auch sämtliche heidnische Religionen und Philosophien befinden.
Nein, der christliche Glaube hat ganz ausdrücklich nichts geringeres als das ganz konkrete historische Wirken Gottes (!) in der Geschichte und Realität des Menschen zu seinem Gegenstand, zum Gegenstand seiner Glaubensbetrachtung! In Jesus Christus ist nämlich der einzige, wahre und lebendige Gott Mensch geworden „und hat unter uns gewohnt“ (vgl. Joh 1,14). ER ist der, welchen schon der Prophet Isaias in prophetischer Weise ankündigte: „ER selbst wird kommen, euch zu erlösen“ (Is 35,4)! Und hier „in dieser Endzeit hat ER“ (der Vater) nun „durch Seinen Sohn zu uns gesprochen. IHN hat ER zum Erben über das All eingesetzt. Durch IHN hat ER auch die Welt erschaffen. ER ist der Abglanz SEINER Herrlichkeit und das Abbild SEINES Wesens. ER trägt das All durch SEIN gewaltiges Wort. ER hat die Erlösung von den Sünden vollbracht und sich dann zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt“ (Hebr 1,2-4)!

Wenn also Gott selbst in diese Welt kommt und uns Seinen heiligen Willen kundgibt, wenn ER am Stamm des Kreuzes stellvertretend für uns unsere Schuld vor IHM auf SICH nimmt und für uns dadurch das Heil Gottes, die besagte „Erlösung von den Sünden“ wirkt, dann ist doch dieses historische Faktum der absolute Höhepunkt der Menschheitsgeschichte, welcher durch kein sonstiges Ereignis zu toppen wäre bzw. übertroffen werden könnte!

Dann ist Jesus Christus JENER, auf DEN es letztendlich ankommt und von WELCHEM alles abhängt: „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“ (Credo der hl. Messe). Mit IHM ist endlich der Heißersehnte, einzige und wahre Erlöser in diese Welt gekommen und hat uns durch Seine selbstlose Liebe am Kreuz das Tor zum Paradies geöffnet und das ewige Leben geschenkt! Auch ist dann das Bekenntnis zu Jesus Christus für uns, die Menschen, die unabdingbare Bedingung und Voraussetzung, um die wahre Erlösung (in Jesus Christus), die Vergebung der Sünden und das Leben mit Gott, zu erlangen!

Es gibt also weder vor noch außerhalb Christi das wahre Heil in Gott. Und diese Grundüberzeugung des authentischen christlichen Glaubens brachte der hl. Apostel Petrus mit folgenden klaren Worten zum Ausdruck, welche er an die Adresse des Hohen Rates zu Jerusalem richtete: „In keinem anderen ist das Heil. Denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir das Heil erlangen sollten“ (Apg 4,12)! Darin spiegelt sich markant nur das Wort Jesu Christi selbst wider, welches nach wie vor allen Seinen Gegnern und Leugnern trotzt: „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Mk 16,16)! Denn es handelt sich hier nicht um irgendwelche menschliche „Weisheiten“ und Eitelkeiten, es geht hier nicht darum, bei irgendeinem menschlichen Gremium anzukommen. Nein, es geht hier um niemand geringeren als um GOTT selbst, um die Wahrheit und die Person Jesu Christi, SEINES EINGEBORENEN SOHNES!

Daher kann sich legitimerweise keine der zahlreichen Religionen dieser Welt, mag sie politisch-gesellschaftlich noch so sehr Einfluss auf das Weltgeschehen haben, mit Jesus Christus messen und sich mit der christlichen Glaubensüberzeugung vergleichen. Weder kann danach jemals jemand auftreten und sich über Jesus Christus stellen bzw. erheben (Mohammed/Islam), noch ist das bis dahin gewesene immer noch in Kraft bzw. gottwohlgefällig (Judentum)! Denn in Jesus Christus hat der in der Menschheitsgeschichte menschgewordene Gott zu uns gesprochen; daher kann man nicht ohne IHN oder an IHM vorbei Verbindung mit Gottvater aufnehmen: „Niemand kennt den Sohn als nur der Vater, und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und der, dem der Sohn es offenbaren will“ (Mt 11,27)!

Und das ist also der Punkt, an welchem sich heute die Geister scheiden! Man sträubt sich mit aller Gewalt, den hier bezeichneten Absolutheitsanspruch Jesu Christi und des christlichen Glaubens anzunehmen und zu akzeptieren. Und das Tragische dabei ist, dass die Leugnung dieses zu den unabdingbaren Grundlagen des Christentums gehörenden Anspruches heute auch und gerade seitens jener Menschen erfolgt, die sich selbst noch offiziell zum christlichen Glaubensbekenntnis rechnen.

So mischte sich Anfang des Jahres, um nur ein Beispiel anzuzeigen, der deutsche Bundespräsident Johannes Rau in die Debatte um das Kopftuch der islamischen Lehrerinnen an deutschen staatlichen Schulen ein. Er meinte, wenn man das Tragen des Kopftuches verbieten wollte, dann müsste man auch sowohl die jüdische Kippa als auch (und darauf kommt es an!) das christliche Kreuz in den staatlichen Schulen verbieten, dann müsse sinngemäß auch das Kreuz aus diesen Schulräumen verschwinden.

Dadurch hat er als praktizierender Protestant aber angezeigt, dass er keinen besonderen Wert darauf lege, der christlichen Religion in Deutschland, einem Land mit reicher christlicher Tradition, dem Kernland des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, einen besonderen Platz einzuräumen. Wie kann ein Christ, sollte er von der Einmaligkeit der Person und der Sendung Jesu Christi überzeugt sein, sagen, das Kreuz müsse politisch-gesellschaftlichen Erwägungen weichen und auf dem Altar der Gleichmacherei aller Religionen geopfert werden?

Diese Äußerung von Herr Rau kommt, leider muss es gesagt werden, letztendlich einer Leugnung des Absolutheitsanspruches Jesu Christi gleich - der Leugnung der Person Jesu Christi als wahrer Gott und als einziger Erlöser des Menschengeschlechtes! Sonst würde man sich Seiner nicht geradezu schämen, als ob vom Kreuz eine Gefahr für die Menschen ausginge, als ob jemand dadurch sittlich verdorben werden könnte, als ob Jesus Christus nicht DER wäre, Der Er war, ist und in alle Ewigkeit bleibt!

Aber was sollen wir von Laien erwarten, wenn sogar die „katholischen“ „Hirten“ selbst permanent diesen üblen und gotteslästerlichen Verrat an Jesus Christus üben! Denn z.B. die wiederholten Äußerungen eines Johannes Paul II., die Christen, Juden und Moslems würden an denselben Gott glauben, die Juden seien unsere (der Christen) älteren Brüder im Glauben, der Heilige Geist würde auch in den nichtchristlichen Religionen wirken, bedeuten ja ebenfalls nicht anderes als eine Apostasie, als einen ganzheitlichen Abfall vom Glauben an Jesus Christus als den einzigen Erlöser! Und dazu kommt dann auch noch der von Mgr. Wojtyla in der Öffentlichkeit vollzogene Kuss des Koran, das interreligiöse Gebetstreffen in Assisi 1986, bei welchem auch symbolisch alle Religionen dem Christentum gleichgesetzt wurden und so weiter und so fort.
Denn wenn man auch in den heidnischen, nichtchristlichen Religionen, d.h. außerhalb Christi das Heil finden könne, dann könnte man dies auch gänzlich ohne IHN. In dieser Frage gibt es kein „ein bisschen davon und ein bisschen davon“, hier gilt nur ein klares „entweder-oder“! Entweder ist Jesus Christus der wesensgleiche Sohn Gottes, „der Eingeborene, der Gott ist“ (vgl. Joh 1,18), entweder ist der Glaube an IHN als den wahren Gott und einzigen Erlöser des Menschengeschlechtes heilsnotwendig! Oder die anderen, die nichtchristlichen Religionen stellen (ebenfalls) einen ordentlichen Weg zu Gott dar und vermitteln somit den Menschen das wahre Heil bei Gott! Dann hätte es aber in der Konsequenz auch nicht Christi und Seines stellvertretenden Sühneleidens bedurft, dann müsste man IHN als jemand bloßstellen, der gelinde gesagt die Unwahrheit über Sich und Seine Mission verbreitet hätte.

Erkennen wir also, was davon abhängt, was heute letztendlich auf dem Spiel steht! Es geht in unserer heutigen Auseinandersetzung mit den Irrtümern des Modernismus nicht darum, ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger „konservativ“ sein, ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger Latein verwenden, ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger beim Beten zu knien, zu stehen oder sitzen. Nein, es geht um nichts anderes als um die Grundlagen der christlichen Offenbarungsreligion, es geht um Jesus Christus und Sein Heilswirken, es geht um das Sein oder Nichtsein!

Die Christushasser der vergangenen Jahrhunderte gingen oft mit brutaler physischer Gewalt gegen den Namen Christi, gegen die Christen, gegen den christlich-katholischen Glauben vor. Nachdem sie aber einsehen mussten, dass dieser Weg nicht zum erwünschten „Erfolg“ bzw. nicht im erwünschten Umfang zum beabsichtigten „Erfolg“ führte, ließen und lassen sich die modernen Neros, Robbespieres, Stalins usw. eine viel gefährlichere weil raffiniertere Methode einfallen, um den Namen Christi aus dem Bewusstsein der Menschen und der Gläubigen zu tilgen - die Unterwanderung des Glaubens, der Glaubenssubstanz durch Ideen und Theorien, die zwar immer noch irgendwie religiös und vielleicht sogar „fromm“ klingen, aber dennoch nicht nur Schisma und Häresie bedeuten, sondern in der letzten Konsequenz sogar einen ganzheitlichen Abfall vom christlichen Glauben darstellen - Apostasie vor Gott!

Seien wir nicht naiv, schlafen wir nicht geistig ein, unterschätzen wir nicht den Gegner, die dafür letztendlich verantwortlich zeichnenden antichristlichen Kreise! Durchschauen wir vielmehr diese diabolische List und rufen wir uns das ernste Wort des hl. Apostels Paulus in Erinnerung, der uns eindringlich vor Augen führt, was damals wie heute auf dem Spiel steht: „Es wundert mich, dass ihr so schnell von DEM abfallt, DER euch durch die Gnade Christi berufen hat, und euch einem anderen Evangelium zuwendet; und doch gibt es kein anderes. Es sind nur gewisse Leute, die euch verwirren und darauf ausgehen, das Evangelium Jesu Christi zu verdrehen. Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium verkündeten, als wir euch verkündet haben: er sei verflucht! Wie wir schon früher gesagt haben, so wiederhole ich es jetzt: Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkündet, als ihr empfangen habt; er sei verflucht! Rede ich jetzt Menschen zulieb oder Gott? Buhle ich um Menschengunst? Wollte ich noch bei Menschen Gefallen finden, so wäre ich kein Diener Christi“ (Gal 1,6-10)!

P. Eugen Rissling

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